Heft 4 / 2017   [im Druck]:



(Komparative) Pädagogische Berufsgruppenforschung



Pädagogisch Tätige, ganz gleich ob es sich um Erzieher/-innen, sozialpädagogische Fachkräfte, Lehrer/-innen unterschiedlicher Schulformen, Erwachsenenbildner/-innen oder das lehrende Personal an Hochschulen handelt, stehen häufig vor ähnlichen Aufgaben und Problemen. Sie werden ausnahmslos mit den gleichen gesellschaftlichen Themen wie Inklusion, Integration oder Digitalisierung konfrontiert. Entsprechend zeigen sich auch Ähnlichkeiten im konkreten Handeln der pädagogischen Akteure: Sie unterrichten, begleiten und beraten ihre Adressaten/-innen; sie organisieren innerhalb – und auch außerhalb – expliziter Bildungseinrichtungen Lern- und Reflexionsprozesse und sie sanktionieren.

Obwohl in den letzten Jahren der Trend zu gemeinsamen Projekten und Kooperationen innerhalb des Erziehungs- und Bildungssystems zunimmt, findet die sozial- und erziehungswissenschaftliche Erforschung pädagogischer Berufsgruppen und ihrer jeweiligen Handlungslogik weitestgehend unabhängig voneinander statt. Jede Teildisziplin forscht entsprechend zum Handeln „ihrer“ Teildisziplin. Dabei stoßen Erziehungswissenschaftler/-innen „am ehesten dann auf überraschende Phänomene im Dickicht des Berufsalltag von Pädagogen, wenn sie im Medium des Vergleichs Gemeinsamkeiten und Differenzen feststellen, alt bekannte Phänomene neu anordnen, einem abermaligen Kodieren aussetzen und dabei die theoretischen Potentiale der diesbezüglichen Phänomene konsequent zur Geltung bringen“ (Nittel/Schütz/Tippelt 2012, S. 96). Dieses Zitat beschreibt in den Grundzügen die Forschungsperspektive einer komparativen pädagogischen Berufsgruppenforschung, welche auf die vergleichende Binnenperspektive pädagogischer Berufsarbeit zielt. Der Vorteil dieses Ansatzes besteht in den häufig identischen beruflichen Milieus der pädagogischen Akteure (vgl. Barz/Tippelt 2011), der größtmöglichen Offenheit im Zugang, der sich im methodischen Vorgehen widerspiegelt, sowie in den zahlreichen Möglichkeiten, die pädagogischen Akteure aktiv in den Forschungsprozess einzubinden und damit zur Entwicklung berufskultureller Selbstaufklärung vor Ort, d.h. in der Praxis, beizutragen. Erst mithilfe eines solchen scheinbar weithergeholten Vergleichs, beispielsweise zwischen den Mitarbeitenden einer Krippe und Professorem/-innen entsteht die Möglichkeit zur Herausarbeitung des jeweiligen „Markenkerns“. Auch geraten gesamtgesellschaftliche Bewegungen, wie die angenommene Universalisierung des Pädagogischen, in den Blick, wenn sich ähnliche Tendenzen in scheinbar schwer vergleichbaren beruflichen Settings zeigen.

Für das Themenheft „(Komparative) Pädagogische Berufsgruppenforschung“ rufen wir zur Einreichung von theoretischen und empirischen Beiträgen auf, die sich im Kern einer – oder im besten Fall mehrerer pädagogischer Berufsgruppen widmen. Aus welcher Perspektive und mit welcher Fragestellung die Bearbeitung oder der Blick auf die pädagogische Berufsgruppe(n) erfolgt, ist völlig offen. Berichte und Ausführungen von Praxisprojekten aus der pädagogischen Berufspraxis sind ebenfalls zur Einreichung aufgefordert und sehr gerne erwünscht.