Heft 4 / 2019   [im Druck]:



Bildung und Demenz



Das Themenheft nimmt das Verhältnis von „Bildung und Demenz“ in den „pädagogischen Blick“. In Deutschland leben heute etwa 1,6 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung (vgl. buk-Familienservice 2018). Angesichts einer steigenden Lebenserwartung wird sich diese Zahl in den nächsten zwanzig Jahren voraussichtlich verdoppeln (Falk 2015). Die Krankheit ist bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht heilbar; wesentliches Merkmal ist eine permanente Verschlechterung bis hin zum Verlust der geistigen Fähigkeiten. Im internationalen Diskurs wird das Thema „Bildung und Demenz“ vor allem mit Blick auf die Schutzfunktion von Bildung vor dieser Erkrankung diskutiert. So zeigt sich in der Framingham Heart Langzeitstudie, die eine rückläufige Tendenz der Alzheimer Erkrankungen trotz einer insgesamt alternden Bevölkerung in den USA nachweisen kann, der Bildungsstand als einziger signifikanter Prädiktor. Geht es um die Lebensqualität von bereits an Demenz erkrankten Menschen spielt Bildung in zweifacher Hinsicht eine Rolle: Reflexiv, weil der gerontopsychatrischen Qualifizierung des Personals bei der Versorgungsqualität von Demenzkranken hohe Bedeutung zukommt. Insbesondere die Qualifizierung des Personals in Kommunikation und Umgang mit dementen Menschen steht hier im Vordergrund, wie sie beispielsweise im Ansatz der „Integrativen Validation“ von Nicole Richard – im Anschluss an die Amerikanerin Naomi Feil – gelehrt werden. Transitiv, weil Demenzkranke und ihre Bildungsprozesse in den Blick genommen werden können. So zielt das neue pädagogische Handlungsfeld der Dementagogik (z.B. Steurenthaler 2013) auf den Erhalt des „Person-Seins“ dementer Menschen und geht unter anderem der Frage nach, wie Selbständigkeit, Selbsttätigkeit und Kreativität bei Demenz durch unterstützende (sozial-)pädagogische Maßnahmen möglichst lange erhalten werden können. Auch die „klassischen“ Handlungsfelder der Pädagogik, wie Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung oder Heilpädagogik verfügen über zahlreichen Strategien zum Umgang mit Demenz. Beispielsweise in Bezug auf die (Bildungs-)Arbeit mit Angehörigen und dem Aufbau von Selbsthilfegruppen. Darüber hinaus finden sich hier verstärkt auch (Bildungs-)Angebote, die sich direkt an Menschen mit Demenz richten und deren Bedürfnisse in besonderer Art und Weise aufgreifen. Dazu gehören zum Beispiel die Themen „Religiosität und Spiritualität“ wie auch im Bereich der Kulturellen Bildung (Kulturgeragogik) mit z.B. speziellen Ausstellungsführungen für Menschen mit Demenz in Museen. In diesem Zusammenhang sind solche Beiträge für dieses Heft von besonderem Interesse, die die Frage nach speziellen Bildungsangeboten für Menschen mit Demenz in Einrichtungen der Erwachsenenbildung ausleuchten. Insgesamt sind aber Beiträge aus allen pädagogischen Disziplinen erbeten, die sich empirisch oder theoretisch dem Verhältnis von Bildung und Demenz widmen. Eine Verortung in pädagogischen Diskursen ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung.

Im Bereich „aus der Profession“ sind darüber hinaus Beiträge willkommen, die Erfahrungen mit unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen und Konzepten beschreiben und reflektieren. Diese können als sogenannte Rubrikenbeiträge ohne Reviewverfahren bei den Themenheftherausgeber*innen (siehe Autoren*innenhinweise) direkt eingereicht werden. In diesen genannten Rubriken ist das Themenheft, wie immer, aber auch offen für andere Beiträge.